So richtig schön Streiten – mit diesen Tipps klappt‘s garantiert

Zwei Lego-Figuren in schwarz bzw. weiß fechten miteinander.

Richtig Streiten will gelernt sein. In jeder Familie gibt es Streit. In jeder Beziehung, zwischen gesellschaftlichen Gruppen und auch zwischen Staaten. Wer auf die aktuellen Diskurse in unserer Gesellschaft schaut, könnte auf die Idee kommen, dass hier die Streitpartner gar nicht um eine gute Lösung ringen, sondern sich als Feinde betrachten und der Streit deswegen oftmals eskaliert.

Richtig Streiten kann man lernen

Streit ist etwas ganz Normales – und Wichtiges. Auch wenn uns als Kindern oft gesagt wurde, dass wir nicht streiten sollen – Streit ist manchmal nötig, um meine Position klarzumachen, mein Profil zu schärfen, für etwas einzustehen, das mir wichtig ist, etc.

Gerade in der aktuellen Situation wird so viel schlecht/falsch gestritten – da wären ein paar mehr Leute, die ordentlich streiten können, nicht verkehrt. Dann gäbe es vielleicht auch weniger Eskalation hier, und Mimimi dort und am Ende auch noch Ergebnisse. Das wär‘ doch was, oder?

Letztlich ist es aber auch kein Wunder, wenn beim Streiten ab und an etwas schiefgeht – Streiten ist nämlich eine ziemlich hohe Kunst. 

Deswegen hier ein paar Tipps für richtig gutes Streiten. Mit Mama, dem Freund, der Chefin, dem Coronaleugner, der Putinbewunderin und überhaupt mit allen, mit denen du schon immer mal die sprichwörtlichen Klingen kreuzen wolltest.

Die ultimativen Tipps für einen fairen Streit

Vor dem Streit – herunterkommen und reflektieren

  1. Vorher Planen. Klar, ein Streit lässt sich nicht immer planen – aber wann immer es möglich ist, tu es! Das gibt allen Beteiligten Zeit, ihre Wut verrauchen zu lassen, sich Argumente zu überlegen etc. Vor allem könnt ihr einen ruhigen Ort und eine Zeit wählen, zu der ihr nicht gestresst und ungestört seid. Das hilft ungemein.
  2. Werde dir klar: Was will ich eigentlich erreichen? Soll der andere etwas Bestimmtes einsehen, ein Verhalten ändern oder … will ich einfach nur mal Dampf ablassen und weiß gar nicht, wohin das dann führen soll? Nur, wenn dir klar ist, um was es eigentlich genau geht, kann am Ende des Streits auch eine Lösung stehen. 
  3. Ähnlich, aber doch anders, werde dir klar: Was ist das eigentliche Problem, um das es geht. Streitet ihr wirklich darüber, dass der Müll nicht rausgebracht wurde, oder geht es eigentlich um etwas anderes? Zum Beispiel, dass Mama enttäuscht ist, weil du es ihr versprochen hattest. Nur wer ein Problem kennt, kann es lösen.
  4. Mit welcher Einstellung gehe ich in diesen Streit? Sehe ich mein Gegenüber als Gegner, als Feind, den ich besiegen muss? Dann wird das eine hässliche Auseinandersetzung werden. Oder kann ich mein Gegenüber als Verbündeten sehen, mit ihm gemeinsam nach einer Lösung suchen? Das wird ein völlig anderer Streit. 
  5. Und noch mal meine Einstellung: Sehe ich im Gegenüber die Schuldige? Oder den, der es verbockt, der mich wütend macht? Kann ich zumindest die Möglichkeit sehen, dass ich (mit-)schuld sein könnte? Dass meine Gefühle auch meine Sache sind und ich vielleicht auch anders (also nicht wütend, gekränkt etc.) sein könnte? 

Wer wütend ist, verbrennt oft an einem Tag das Holz, das er in vielen Jahren gesammelt hat.

Chinesisches Sprichwort

Im Streit – authentisch und fair

  1. Authentisch sein. Wenn dich etwas ärgert, darf das raus. Auch mal etwas lauter und mit Du-Botschaften – danach sollte es aber sachlich und lösungsorientiert weitergehen.
  2. Niemanden verletzen. Es geht im Streit nie um Macht, Dominanz und Recht haben, sondern immer um die Klärung und Lösung eines Problems. Lass dich also nicht von deiner Wut oder Kränkung leiten, sondern denke und rede vom Ziel her. 
  3. Klar und deutlich formulieren, was dich stört, du dir wünschst, was du brauchst und sei dabei konkret und auf einen aktuellen Vorfall bezogen. Kritisiere immer die konkrete Aktion (Es hat mich gestört, dass du den Müll nicht rausgebracht hast.), kritisiere aber nie die Persönlichkeit des anderen (Du bist so unzuverlässig.).
  4. Ich-Sätze verwenden. Je mehr, desto besser. Nicht »Du hast folgendes getan«, sondern »Ich ärgere mich über« … das hilft deinem Gegenüber sich nicht angegriffen zu fühlen und zu verstehen, wie es dir geht, was dir wichtig ist.
  5. Keine Schimpfwörter, Sarkasmus und Ironie. Das bringt im Streit genau nichts! Das verletzt nur und trägt nicht im Geringsten zur Lösung bei. Also lassen.
  6. Sachlich bleiben. Sonst droht schnell eine Abwärtsspirale, in der dein Gegenüber und du einander immer weiter abwerten. Wer am Ende keine Achtung mehr vor dem anderen haben kann, wird nicht nur zu keiner Lösung kommen, sondern setzt die gesamte Beziehung zueinander aufs Spiel. 

Fairness ist die Kunst, sich in den Haaren zu liegen, ohne die Frisur zu zerstören.

Gerhard Bronner

Das Ziel – Kompromisse und nur Gewinner 

  1. Nicht verallgemeinern: Worte wie »immer« oder »nie« rufen im Streit normalerweise direkt Widerspruch, Protest und Gegenvorwürfe hervor.
  2. Wirklich zuhören. Das ist ja grundsätzlich für Gespräche eine ganz gute Idee, im Streit aber noch mehr. Wir werden nur zu einer Lösung des Problems kommen, wenn wir einander verstehen und die Situation und Argumente des anderen nachvollziehen können.
  3. Versöhnlich und kompromissbereit sein. Sei ernsthaft bereit, andere Standpunkte zu respektieren und wenn nötig die eigene Meinung zu ändern. Also stichhaltige Argumente des Gegenübers anerkennen, ihm Recht geben und gute Ideen bestätigen. Nicht leicht, aber nötig für ein konstruktives Ergebnis. 
  4. Lerne vergeben. Wer vergibt, kann die Vergangenheit ruhen lassen und wird offen für eine gemeinsame Zukunft, in der es besser läuft und Vertrauen möglich ist.
  5. Alle gewinnen. Ein fairer und konstruktiver Streit endet damit, dass sich beide verstanden fühlen und zusammen eine Lösung gebaut haben, mit der sie gut leben können. 
  6. Kompromisse sind dein Freund. Es ist dabei gar nicht notwendig, sofort zu einem endgültigen Ergebnis zu kommen. Die Lösung kann auch sein, einen Kompromiss einzugehen, ihn auszuprobieren und nach einiger Zeit auf seine Tragfähigkeit hin zu überprüfen. Das hält dich außerdem im regelmäßigen Gespräch mit deinem Gegenüber. Quasi die beste Versicherung gegen (unnötigen) Streit. 
  7. Brich ab, wenn‘s nix mehr bringt. Manchmal kommt man beim besten Willen nicht weiter. Der Streit fährt sich fest, man dreht sich im Kreis, erklärt dasselbe zum dritten Mal. Oder das Gegenüber ist einfach nicht bereit, sich an die Grundregeln für einen fairen und konstruktiven Streit zu halten … Dann braucht‘s eine Pause. Und wer wiederholt an diesen Punkt kommt, muss sich vielleicht vom Gegenüber trennen, weil eine Einigung nicht möglich ist. 

Einigen wir uns also darauf, dass wir uns uneinig sind.

Dr. Gregory House

Richtig Streiten ist nicht ohne

Gar nicht so einfach, fair und lösungsorientiert zu streiten. Sicher kannst du beim nächsten Streit nicht aus dem Stand an alle Punkte denken und sie beherzigen. Mach dir keinen Stress. Der Weg ist hier auch mal wieder das Ziel. Dran bleiben, sich entschuldigen, wenn nötig. Und beim nächsten Mal ein bisschen besser streiten.

Und wenn man wirklich erst mal seine Aggressionen herauslassen muss, helfen vielleicht die Dammit Dolls. Die kann man sicher auch selbst herstellen.

Wer Freundschaft halten will, verzeiht Unrecht; wer es immer wieder auftischt, zerstört sie.

Die Bibel, Sprüche 17,9 (GNB)

Heiko wohnt mit seiner Familie in Marburg und hat hier ein wunderbares Streit-Übungsfeld. Mit seinen beiden Söhnen kann er es aber noch lange nicht aufnehmen, was Streitlust und -frust angeht.

Buchtipp

Erfolgreich streiten: Wie man seine Ziele durchsetzt und trotzdem alle gewinnen. Mit der Tit-for-Tat-Strategie. K. W. Ehrhardt/ T. Schneider. 2016.

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