GottMachtPolitik – Angst

„I don’t want you to be hopeful.
I want you to panic.
I want you to feel the fear I feel every day.
And then I want you to act.
I want you to act as you would in a crisis.
I want you to act as if the house is on fire
– because it is.“
(Greta Thunberg)

Harry Potter hatte Angst vor der Angst und wurde deshalb von seinem Lehrer Lupin gelobt. Angst ist zerstörerisch und destruktiv. Ein guter Grund, sie einmal unter die Lupe zu nehmen:

Ich habe Angst vor der Zukunft. Allerdings frage ich mich manchmal, ob ich nicht eigentlich viel mehr Angst haben sollte. Aber dann möchte ich auch nicht in einer Depression enden vor lauter Klimaangst. Verglichen mit dem, was ich tagtäglich über die Zukunft erfahre, lebe ich eigentlich ziemlich unbeeinflusst vor mich hin.

Wie im Mittelalter

Wer weiß, was nach dem Tod kommt …

Vielleicht liegt das ja daran, dass ich nicht mehr im Mittelalter lebe. Einer Zeit, in der Angst das tagtägliche Leben der Menschen ausgemacht hat: Angst vor dem Tod, der den Menschen immer vor Augen stand und viel präsenter war als heute. Hast du schon einmal eine*n Tote*n gesehen? Warst du schon einmal dabei, als jemand starb? Im Mittelalter wurde zuhause gestorben. Die Wahrscheinlichkeit, als Erwachsene*r einmal einen toten Menschen gesehen zu haben, war wesentlich höher als heute. Das macht Angst und Angst macht manipulierbar. Die Mächtigen der Zeit haben mit der Angst der Menschen gespielt. Sie wurden manipuliert mit Behauptungen, was nach dem Tod so alles auf einen warte.

Aber ich bin mir dennoch nicht sicher, ob diese Angst wirklich das Leben der Menschen mehr bestimmt hat als mich heute. Oder hat die tägliche Arbeit damals, die sowohl anstrengender als auch meist stumpfsinniger war und die 40-Stunden-Woche bei Weitem überschritt, die Angst auch immer wieder in den Hintergrund gedrängt?

Angst und Klimaangst

Wir reagieren unterschiedlich auf Angst. Das gilt auch für Klimaangst. Leider ist fast jede Reaktion nicht gut für den Aktivismus und damit am Ende des Tages auch nicht gut fürs Klima:

  • Angst blockiert die Gedanken. Kreativität für Lösungen abseits des Üblichen wird nicht ernst genommen. So trifft man unter Umständen schlechte Entscheidungen. Wer Angst hat, sieht Probleme und sucht Schuldige, anstatt sich auf Lösungen zu fokussieren.
  • Die meisten Menschen reagieren mit einer Form von Eskapismus. Man schaut keine Nachrichten mehr, weil man es nicht aushält. Man weigert sich, über Veränderung nachzudenken, weil Veränderung Angst macht und Vertrautes Sicherheit gibt. Der jährliche Urlaub in Spanien wird nicht einmal dann überdacht, wenn dort die Wälder brennen. Dieses Nichtstun ist tatsächlich einer der größten Antreiber der Klimakatastrophe.
  • Eine Steigerung dieses Sicherheitsbedürfnisses ist, dass ich mich manipulierbar mache. Andere Menschen können mir versprechen, dass alles bleibt, wie es ist. Dafür bin ich bereit, viel zu glauben und zu tun. Das macht mich anfällig für Verschwörungstheorien, teure Hobbys oder Gewaltaufrufe.
  • Das aus der Angst sprechende Sicherheitsbedürfnis gibt die Freiheit auf. Für meine Sicherheit nehme ich in Kauf, überwacht oder eingeschränkt zu werden. Dabei leben manche Menschen im Glauben, absolute Sicherheit wäre möglich. Allerdings hat die Sicherheit ihren Preis. Je sicherer eine Gesellschaft ist, desto mehr schränkt sie Freiheiten ein, desto mehr überwacht sie ihre Menschen und desto mehr wird Individualität begrenzt. Außerdem ist Sicherheit etwas, was soziale Ungleichheit deutlich macht. Man muss sich Sicherheit leisten können. Und absolute Sicherheit gibt es nicht.

Gottes Botschaft gegen die Angst

„Fürchte dich nicht“, sagen sowohl Gott im Alten Testament als auch Jesus in den Evangelien. Der Satz scheint wichtig zu sein. Aber einmal abgesehen von der Frage, wie ich den Schalter zwischen Furcht und Nichtfurcht einfach umlegen kann, frage ich mich auch, wie viel Naivität die Bibel mir abverlangt. Um mich herum geht die Welt unter! Was soll‘s? Gott sagt, ich soll mich nicht fürchten. Also wird schon schiefgehen – im wahrsten Sinne des Wortes.

Ein bisschen detaillierter sind die Anweisungen Jesu in Johannes 16,33:

„In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.“

Genau genommen ist das ja gar keine Anweisung, sondern eine Feststellung: Ja, du hast Angst und das gehört dazu! Also eine psychologisch-biologische Feststellung. Angst hat im Tierreich ganz klare Reaktionen und Funktionen. Aus Angst fliehe ich oder kämpfe, je nachdem, ob ich ein Hase oder ein Bär bin.

Aber Jesus geht weiter. Er stellt der Angst etwas entgegen. Die Angst ist nicht das Ende. Sie hat nicht das letzte Wort. Das letzte Wort ist die Überwindung der Welt, wie wir sie heute haben. Jetzt kann ich falsch abbiegen und sagen: Na, dann ist doch eigentlich egal, was wir hier tun. Ich kann die Hände in den Schoß legen und mein Leben genießen.

Trainingslager Mut

Wenn ich nicht die oben beschriebene Schlussfolgerung ziehe, sondern mich daran erinnere, dass diese Welt immer noch Gottes Geschenk ist und man Geschenke nicht einfach wegwirft, weil man sich eine bessere Version erhofft, dann macht mich Jesu Aussage vor allem mutig. Weil ich weiß, dass Jesus weiter sieht als meine Angst, kann ich vertrauen ohne naiv zu sein. Mut gibt mir Kraft, Dinge anzupacken, Normalitäten zu hinterfragen und Dinge zum Besseren zu verändern. Mut ermöglicht Transformation. Mut ermöglicht mir auch, mich selbst zu hinterfragen. Ich glaube nichts kostet so viel Mut, wie Kritik anzunehmen und die eigenen Wege zu hinterfragen.

Mut hat man nicht einfach so, weil man an Gott glaubt. Mut braucht Übung. Mut lernt man, wie so vieles, in kleinen Schritten.
Ich finde die Fragen sehr hilfreich: Was ist das Schlimmste, was passieren kann? Wie würde ich mich in der Situation verhalten? Welcher Mensch möchte ich in der Situation sein? Das ist eine kleine Abwandlung des Realitätschecks.

Die Psychologie kennt viele Strategien gegen die Angst. Die erste geht gar nicht so sehr gegen sie an. Bei der Konfrontation geht man mehr durch die Angst hindurch. Solange wir über keine pathologische Angst reden, ist ein erwachsener Mensch mit einer einigermaßen gesunden Psyche durchaus in der Lage, Angst auszuhalten. Denn mit der Zeit geht Angst weg. Das ist in uns Menschen so angelegt.

Ein weiterer Faktor gegen die Angst ist, sie zu teilen. Dabei entsteht automatisch ein Realitätscheck. Ist meine Angst begründet? Dabei gelten aber nicht zwingend Mehrheiten: Wenn du unter Aluhutträgern lebst wird dein Realitätscheck anders ausfallen als im Klimacamp in Lützerath. Aber in letzterem wirst du nicht nur in deiner Angst bestärkt – denn verdammt nochmal, dieses Haus brennt lichterloh – sondern auch in den Details weiter gebracht und du kannst gegen die Angst etwas tun, indem du gegen ihre Ursache etwas tust. Fang an, das Haus zu löschen und umgib dich mit Feuerwehrleuten anstatt mit Brandstiftern!

Eine andere Trainingseinheit bringt Simon Sinek, der daran erinnert, bei Handlungen immer klar zu haben, warum man etwas tut, bevor man klärt, was man tut und wie. Wenn ich weiß, warum ich etwas tue, bin ich bereit, wesentlich mehr Risiko einzugehen, als wenn ich die Erwartungen anderer erfülle. Und was ist eine bessere Motivation, als eine Welt, in der es allen so gut wie möglich geht, Gerechtigkeit aufblüht und Freiheit Flügel verleiht. Bilder für eine solche Welt liefert die Bibel viele:

„Träufelt, Ihr Himmel, von oben, und ihr Wolken, regnet Gerechtigkeit! Die Erde tue sich auf und bringe Heil, und Gerechtigkeit wachse mit auf! Ich, der HERR, erschaffe es.“

Jesaja 45,8

YouTube Links:

Anna Böck @pfarrertogo schreibt monatlich über GottMachtPolitik.

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