Es ändert sich doch eh nix!
Grillrunde mit Freunden. Auf dem nagelneuen sauteuren Gasgrill werden Discounter-Steaks mit großem Aufdruck: „Stufe 1: Stallhaltung nach gesetzlichem Standard“ gelegt. Jedem, der Anwesenden ist klar, das bedeutet: qualvolles, kurzes Leben auf engstem Raum. Moralisch nicht vertretbar das zu essen. Einer sieht meinen skeptischen Blick und sagt: „Ja is‘ nicht korrekt, aber ändert doch eh nix, wenn wir jetzt Bio-Fleisch kaufen. Das macht doch am Ende keinen Unterschied. Und dann lieber billig.“
Mit diversen Kolleginnen und Bekannten vor einem Plakat mit Demoaufruf. „Wollen wir hin?“ eröffne ich die Diskussion leicht hoffnungsvoll. „Das wär‘ korrekt. Aber es ändert sich doch eh nix. Ob wir jetzt demonstrieren oder nicht, das fällt doch keinem auf. Und überhaupt. Interessiert das einen Politiker, eine Firmenchefin wirklich? Lohnt also gar nicht, sich da die Füße platt zu treten. Lass lieber Pizza bestellen und Netflix …“
Aus einer Frage einer Mitarbeiterin in der Jugendarbeit einer Gemeinde per Mail: „Ich bemühe mich wirklich, den Teens Rücksichtnahme und Respekt vorzuleben und das mit ihnen einzuüben. Aber es ist so mühsam. Oft habe ich den Eindruck, wir gehen einen Schritt vor und direkt wieder zwei zurück. Gerade nach der heutigen Gruppenstunde zweifle ich stark daran, dass mein Engagement überhaupt irgendetwas bringt. Ob das nicht einfach verhallt, was ich sage, überhaupt nicht ankommt und alles irgendwie umsonst ist. Ich will das Gefühl gar nicht haben, dass sich eh nichts ändert, aber ich werde es auch nicht ganz los.“
Ist das so? Ändert sich eh nix? Ist es letztlich sowieso egal, was wir denken und tun, ob wir uns korrekt verhalten oder nicht? Wofür wir uns einsetzen und engagieren? Bleibt einfach alles, wie es ist, oder wird sogar schlechter? Zählt unsere Stimme irgendetwas? Können wir einen Unterschied machen?
(ab Minute 1:20)
Irgendwas is immer
Man muss Hagen Rether in diesem Video gleich dreimal recht geben, finde ich.
- Gleich am Anfang: Deutschland hat sich in nur drei Generationen vom Schurkenstaat zum Sehnsuchtsland verändert. Außerdem die Landesteilung friedlich überwunden. Weiterhin ist in dieser Zeit die EU entstanden und wir haben bis vor Kurzem eine der längsten Friedensperioden auf unserem Kontinent erlebt. Der Veränderungsgrad zwischen Zweitem Weltkrieg und einem Europa ohne Grenzen ist einfach nur ein Wunder.
- Im hinteren Teil: Wenn ich mir die Krisen, Egoismen und Idiotien der Menschheit anschaue, bleibt mir dann aber doch nur Verzweiflung über, oder?
- Ganz am Ende: Verzweiflung hilft aber halt niemandem. Dranbleiben, positive Impulse setzen, Liebe üben und Hoffnung leben schon. Und das ist dran. Für jeden auf seine Weise.
Irgendwas is‘ immer. Veränderung gehört zum Leben als Mensch dazu. Die Frage ist nur: In welche Richtung verändert sich die Welt, unsere Gesellschaft, mein Leben?
Wenn es möglich war aus Nazideutschland in wenigen Jahrzehnten unser heutiges Deutschland zu entwickeln.
Ihr tragt keine Schuld für das was passiert ist, aber ihr macht euch schuldig, wenn es euch nicht interessiert.
Esther Bejarano
Wenn es möglich ist, dass ein Mann wie Bernd Siggelkow „Die Arche“ im Alleingang gründet und durch diese Arbeit nach etwas mehr als 20 Jahren jeden Tag tausende benachteiligte Kinder in ganz Deutschland gefördert und wertgeschätzt werden.
Denn Kinder sind unsere Gegenwart und nicht nur unsere Zukunft.
Bernd Siggelkow
Wenn es möglich ist, dass Jugendliche, wie Greta Thunberg und Luisa Neubauer, die Klimaschutzbewegung „Fridays for Future“ starten, die die Welt bewegt und verändert.
We all have a choice. We can create transformational action that will safeguard the living conditions for future generations. Or we can continue with our business as usual and fail.
Greta Thunberg
Wenn Malala Yousafzai, die Fürchterliches erlebt hat, als Teenagerin für das Recht von Frauen auf Bildung eintreten kann – und damit den Friedensnobelpreis erhält.
Let us remember: One book, one pen, one child, and one teacher can change the world.
Malala Yousafzai
Dann gibt es keinen Grund für Resignation oder eine „Es ändert sich ja eh nix Einstellung“.
Dann gibt es Hoffnung. Begründete Hoffnung sogar.
Und die Gewissheit: Deine Korrektheit, dein Engagement ist nicht umsonst. Egal, wie klein es auch sein mag oder wie wenig erfolgreich es dir scheint. Du bist Teil einer großen Veränderung, die von vielen, vielen Menschen getragen wird und die eine ziemlich gute und positive Richtung einschlägt.
Danke, dass du dabei bist! Bleib dran. Es lohnt sich!
Nichts ist unmöglich! — Gott
Als Christen wissen wir darüber hinaus: Wir müssen es gar nicht allein hinbekommen. Es gibt da diesen Gott, der es gut meint mit seinen Menschen. Der mitleidet, mitträgt, Kraft und Hoffnung gibt. Der Partei ergreift für Arme, Benachteiligte, Unterdrückte. Der selbst die Liebe in Person ist. Was für eine Hoffnung, Begeisterung und Kraft davon ausgeht, das ist im wahrsten Sinne des Wortes wunderbar.
Als ich einmal sehr deprimiert war, hat mir ein Freund, ein Pazifist aus Holland, etwas sehr Schönes gesagt: „Die Leute im Mittelalter, welche die Kathedralen gebaut haben, haben sie ja nie fertig gesehen. Zweihundert oder mehr Jahre wurde daran gebaut. Da hat irgendein Steinmetz eine wunderschöne Rose gemacht, nur die hat er gesehen, das war sein Lebenswerk. Aber in die fertige Kathedrale konnte er nie hineingehen. Doch eines Tages gab es sie wirklich. So ähnlich musst du dir das mit dem Frieden vorstellen.“
Dorothee Sölle, Gegenwind, S. 228
Ich liebe es, darüber nachzudenken, wie wir zu einer noch besseren, lebens- und liebenswerteren Welt beitragen können. Darüber, was Gott mit seiner Welt noch alles vorhat. Noch besser gefällt mir, was wir alles umsetzen (werden)!
Heiko lebt mit seiner Familie in Marburg, lehrt an der Evangelischen Hochschule TABOR und schreibt gern Artikel und Bücher.
Wenn wir etwas Gutes tun, dann gibt es zumindest Hoffnung. Und irgendetwas bewirken wir damit bestimmt. Auch wenn es vielleicht ganz wenig ist, kann es Kreise ziehen!
Oft schon haben Einzelne die Welt verändert. Und wir als „Bande“ sind doch viele!
Ich wünsche mir so sehr Einheit für die Bande. Dass wir einander annehmen und niemanden abweisen. Füreinander da sind, einander stärken, nicht schlecht übereinander reden,… Ich wünsche mir, dass wir zuallererst liebevoll miteinander umgehen.
Aber findet ihr das auch oft so schwer? Ich schaffe es nur so wenig.