Wie die Bande zu ihrem Namen kam

Ein Frau sitzt an einem Tisch und liest aus einem Buch vor. Das Licht ist gedimmt. Hinter ihr ist eine Fototapete mit Waldmotiv.

Streng genommen gibt es die Korrekte Bande erst seit 2017. Doch eigentlich geht die Geschichte der Bande bis ins Jahr 1995 zurück. Machen wir eine kleine Zeitreise …

Die Geburt

Irgendwann im Jahre 1995 ist die Heimstatt der Hamburger Jesus Freaks das Marquee, ein gemieteter Club. Im Keller befinden sich die Büroräume und die Schlafplätze der Praktikanten. Dort hatten Mirko, Taade und Andi die Idee ein Fanzine herauszubringen, davon gab es schon etliche, die sich verschiedenen Subkulturen oder Musikstilen widmeten. Ihr Ziel war es, eine echt coole Zeitung zu machen. Also schickten sie einen Aufruf an alle Freak-Gruppen, die sie darum baten eine Seite zu ihrer Gruppe zu schreiben, wie es ihnen so geht, was sie machen, welche Gebetsanliegen sie haben usw. Das Erstaunliche daran war, und man merkt Mirko die bis heute anhaltende Begeisterung darüber an: „Die Leute haben das gemacht.“

Die Zuschriften trafen in Hamburg ein und das Sammelsurium brauchte einen Namen. Ein kleiner Exkurs: Die Namensgebungen der Jesus Freaks waren zu jener Zeit … sagen wir, außergewöhnlich. Ihre Kneipe in Hamburg hieß „GNLPSWXYBD“, das Jesus Festival „Freakstock“ und die Münchner Gruppe „Wrzlbrmft“. So gesehen ist „Der Kranke Bote“ noch relativ normal.

In Anlehnung an diverse Gemeindeblätter und christliche Zeitschriften, wie zum Beispiel „Der Herold“, begaben sich die drei auf die Suche nach einem „fiesen christlichen Namen“. So erblickte „Der Kranke Bote“ das Licht der Welt. Der Name zierte in Frakturschrift zusammen mit dem Untertitel „Nachrichten und Neuigkeiten aus der Jesus Freak Szene“ die ersten Ausgaben. In Ausgabe 2/1996 tauchte erstmals ein abgewandelter Name auf – „Die Kranke Pfote“. Der ständige Namenswechsel bürgerte sich ein. Einige Beispiele zur allgemeinen Belustigung: „Die dumme Schaf“, „Der späte Gote“, „Die ranke Zofe“, „Der Flieger Über“, „Der Rixe Mat“.

Erste Schritte

Der Bote beschränkte sich in der Anfangszeit darauf, die gesammelten Zuschriften zu kopieren und mit einem launischen Vorwort zu versehen. Die redaktionelle Arbeit entwickelte sich langsam mit Beiträgen von Martin Dreyer, Mirko und Dr. Zummer. Korrektur oder gar Zensur wurde strikt vermieden. Dafür war der Bote dicht an der Bewegung dran und man wusste nach der Lektüre ziemlich genau, was in den einzelnen Gruppen passierte. Die Freaks bauten Beziehungen zueinander auf, obwohl sie sich teilweise noch nicht einmal persönlich getroffen hatten.

Die Arbeit rund um die Zeitschrift war trotzdem anstrengend. Die ganze Kopiererei und der Versand kosteten viel Zeit, die nur teilweise von Praktikanten mitgetragen wurden. Schließlich kannte sich keiner mit Abonnentenverwaltung, Preiskalkulationen und Druckherstellung aus. Unbedarft haben die Freaks einfach viel ausprobiert und versucht das Beste draus zu machen.

Das nächste Level

In Ausgabe 6/1997 kündigte Mirko das dramatische Ende des Kranken Boten an, nachdem sich auf vorhergehende Hilferufe niemand gemeldet hatte. Und siehe da, es hoben sich die Hände und der Bote konnte weiterleben. Um in Erfahrung zu bringen, ob ein Jobanwärter wusste, worum es bei den Freaks geht, fragte Mirko gewöhnlich: „Bist du in einer Jesus-Freaks-Gruppe? Warst du schon mal auf dem Freakstock?“ Das konnte Jocky beides bejahen und schon hatte er den Job. So übernahm Jocky aus München die Leitung. Er hatte schon vorher zahlreiche Cartoons und ein Cover beigesteuert, war also kein Unbekannter. Die Übernahme war auch optisch sofort zu erkennen: Sein Einstand war „Der Mente Ele“ und führte die Freaks in die Siebente Kunst ein. Fortan dienten zahlreiche Filme als Vorlage für die kreativen Cover.

Leider wuchs die Frustration: Artikel kamen spät oder nie, Abläufe wurden durch die dezentrale Aufgabenteilung erschwert, Abonnenten beschwerten sich über fehlende Ausgaben und Jocky wusste nicht, wo es hing. Dem Kranken Boten ging die Puste aus. Ein letztes Aufbäumen war die Convoyausgabe vom März 2001.

Schöne neue Welt?

Innerhalb der Bewegung kamen neue Kommunikationsplattformen hinzu. War der Bote zunächst eine Konstante als das Medium der Freak-Bewegung, gab es nun Homepages von Jesus Freaks International (JFI), einzelnen Freakgruppen und Privatleuten, Foren und später Blogs.

Doch so ganz ohne Infos von JFI und dem Ä-Team, dem damaligem Leitungsteam, ging es natürlich nicht. So starteten Michi, Hagen und Mirko „news&dates“ vom Büro in Hamburg aus. Das reine Infoblatt wurde per Mail an die Gemeinden geschickt und sollte in ausgedruckter Form alle Freaks erreichen.

Da das Ä-Team nicht die Zeit und Kraft hatte news&dates regelmäßig herauszubringen, fragten sie den Journalismusstudenten Frank, der 2001 schon die faz (freakstock allgemeine zeitung) geleitet hatte. Frank stellte die redaktionelle Arbeit sicher, fing an eine Redaktion aufzubauen und trat dem Ä-Kreis auf die Füße, damit sie ihre Texte pünktlich abgaben.

Doch der Mailversand und das Ausdrucken funktionierten nie richtig, was angesichts der hinein gesteckten Arbeit sehr ärgerlich war. Deswegen vertrat die Redaktion die Meinung, dass ein Papier in der Hand besser ist als eine Mail. So wurde die Verbreitung 2005 von digital zurück auf analog umgestellt und die Gemeinden konnten news&dates abonnieren. Das Blatt legte an redaktionellem Inhalt zu und es wurde mehr über die Bewegung berichtet. Unterdessen erfreuten sich die alten Boten-Ausgaben immer noch großer Beliebtheit und so regte sich die Sehnsucht nach dem Kranken Boten.

Auferstanden von den Boten

Unterschwellig fing es an in der Bewegung zu kriseln. Zum Willo Freak 2005 kam Frank der Gedanke „Wir müssen miteinander reden“, denn die Kommunikation in der Bewegung funktionierte nicht optimal. Mehr Interaktion war nötig und mehr Debatten sollten innerhalb der Bewegung geführt werden. Dazu brauchte man allerdings mehr als ein Infoblatt, und so plante die Redaktion news&dates als Plattform auszubauen.

Der Aufruf nach einem neuem Namen erbrachte allerdings nur wenige Rücklauf, so dass sich die Redaktion für den alten Namen entschied. Schließlich war die Marke „Der Kranke Bote“ etabliert und beliebt, warum also nicht die Legende wiederbeleben?

Auf der ersten Redaktionskonferenz in Leipzig im Januar 2006 wurden Vision und Ziele des neu gegründeten Medienbereichs niedergeschrieben. Der Kranke Bote sollte ein Magazin für alle Jesus Freaks werden, eine Plattform für verschiedene Meinungen der Jesus Freaks bieten und nicht nur der Vermittlung von Input von oben nach unten dienen. Als Plädoyer für einen wirklichen Austausch sollte der Pluralismus der Bewegung widergespiegelt werden. Nach einer Probeausgabe an alle Gemeinden ging es in den regulären Abo-Betrieb, der ebenso wie Druck und Versand vom JFI-Büro geregelt wurde.

Größer und professioneller

Kaum hatte Frank den Neustart angeleiert, übergab er 2007 die Leitung an die damalige Lektorin und Schlussredakteurin Bettina. Was als Zwischenlösung gedacht war, bewährte sich und so blieb sie bis 2016 Chefredakteurin. Schwungvoll nahm sie ihre Arbeit auf und der Kranke Bote wuchs und gedieh. Aus dem Fanzine wurde ein richtiges Magazin mit funktionierender Abo- und Anzeigenverwaltung, einem festen Redaktionsteam, starken Themen und einem Pool von Gastautor*innen, Fotograf*innen und Layouter*innen. Seit Dezember 2008 erschien der Bote in DIN A4, seit Juni 2009 mit farbigem Cover und der Umwelt zuliebe auf Recyclingpapier.

Organisierter Aufbruch

2016 erfolgte die glückliche Übergabe der Chefredaktion an die Theologin und Germanistin Jaana, womit erstmals tatsächlich ein Profi am Werk war. Dies machte sich vor allem dadurch bemerkbar, dass die Qualität der Artikel stieg, sich das Netzwerk an Autor*innen vergrößerte und hinter den Kulissen reichlich neu- und umstrukturiert wurde. Auch der Name kam auf den Prüfstand und wurde als zu negativ befunden. Ein intensiver Findungsprozess im Austausch mit den Leser*innen war erfolgreich. Jaana schrieb dazu: „‚Korrekte Bande‘ drückt für uns perfekt aus, dass wir eine Mitmachzeitschrift sind, bei der sich jede*r einbringen und mitmischen kann. Zu unserer Bande kann jede*r dazu gehören und auch du als Leser*in bist ein Teil davon!“ (Dass der neue Name ein Anagramm zu „Der kranke Bote“ ist, hat sicher nicht geschadet.)

Eine Chronik der Boten/Bandengeschichte mit Jahreszahlen, Meilensteinen und Erinnerungen der anwesenden Redaktionsmitglieder (Aufgenommen auf dem Redaktionstreffen 2020)

Abnabelung

Wie schon mehrfach in der Geschichte des Boten/der Bande endete ein Abschnitt mit der Ankündigung vom Ausstieg der Chefredaktion nach 2020. Dieses Mal fand sich keine Person, die die Gesamtverantwortung tragen wollte. Stattdessen kam der Gedanke auf, die Last auf mehrere Schultern zu verteilen und als Team die Bande weiterzuführen. Per Videokonferenz diskutierte die Redaktion, wie sich das unkompliziert und ohne Abo-Verwaltung bewerkstelligen lässt. Schnell war die Idee eines Online-Magazins geboren. Damit ließe sich auch ein altbekanntes Defizit der Printausgabe lösen:

Über die Jahre haben wir immer wieder erlebt, dass Menschen verschiedener christlicher Prägungen die Korrekte Bande, wenn sie das Heft denn mal in die Hand bekamen, als wertvoll und bereichernd empfanden. Mit dem Online-Magazin sah die Redaktion die Chance, den Kreis der Autor*innen und Leser*innen zu erweitern.

Auf dem Hackathon 2021 der evangelischen Kirche kamen neue Mitstreiter*innen hinzu, die anders als die bisherige Redaktion nicht aus dem Dunstkreis der Jesus-Freaks-Bewegung stammten. Das passte gut zum Konzept der Öffnung über die Freak-Bubble hinaus. Intensiv wurde diskutiert, ob wir einen neuen Namen wollen und wie wir uns zu Jesus Freaks Deutschland (JFD) positionieren.

Auf der einen Seite wollen wir ökumenisch und offen für alle sein und auf der anderen Seite die guten Erfahrungen mit der Bande nicht missen. Dabei kristallisierte sich heraus, dass das Label „Jesus Freaks“ ein Hindernis darstellt, während „Korrekte Bande“ und sogar „Der Kranke Bote“ positiv besetzt sind. Daher entschied das neue Kernteam, bestehend aus drei ehemaligen Redaktionsmitgliedern und zwei Neuen, den Namen „Korrekte Bande“ fortzuführen, sich aber unabhängig von JFD zu machen.

Digitaler Neustart

Gemeinsam machte sich das Kernteam daran, das Magazin an den Start zu bringen. Überlegungen zu Technik, Struktur und Ausrichtung wurden in die Praxis umgesetzt, bis am ersten Advent 2021 der offizielle Startschuss erfolgte. Der digitale Adventskalender sorgte neben dem ersten Thema „Bande“ gleich für regelmäßige Inhalte.

Mit dem Online-Magazin soll wie bisher ein jesusmäßiger Raum geschaffen werden, in dem Menschen offen und ehrlich ihre Glaubenserfahrungen und -fragen miteinander teilen. Dazu wünschen wir uns eine Community, die gemeinsam unterwegs ist und auch einen niedrigschwelligen Einstieg für Menschen bietet, die sich für Glauben und Spiritualität interessieren. Dafür braucht es auch dich, liebe Leserin, lieber Leser. Beteilige dich mit Kommentaren, eigenen Beiträgen, verbreite Artikel, sprich potenzielle Autor*innen an, kurz: sei aktives Bandenmitglied.

Bettina begleitet den Boten bzw. die Bande seit ihren Anfängen und ist immer wieder erstaunt, wie lebendig und wandlungsfähig das Magazin ist.

Der Text beruht zum Teil auf dem Artikel „Vom Fanzine zur richtigen Zeitung“, den die Autorin für die Printausgabe des Kranken Boten5/2010 zum 15. Jubiläum verfasst hat.

One thought on “Wie die Bande zu ihrem Namen kam

  1. Ja, in Sachen Neuerfindung und so macht uns so leicht kein Magazin was vor!

    Ist das nicht in der ReFo Moabit? Ich erinnere mich dunkel an einen Abend voller Gedichte mit so einer Waldtapete

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